Verkraftet Messel noch ein weiteres Baugebiet?
Offener Brief an die Gemeindevertretung Messel | 29. Mai 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einem erneuerten Aufstellungsbeschluss „Roßdörfer Straße“ haben Sie erneut den Startschuss für die Entwicklung eines Neubaugebiets in Messel gegeben – nach bereits mehreren Baugebieten innerhalb der vergangenen 10 Jahre, die teils noch nicht einmal wie vorgesehen besiedelt sind. Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde stellen sich Fragen, die wir bereits vor drei Jahren an Sie gerichtet haben, die aber bis heute unbeantwortet geblieben sind. Diese Fragen sind umso drängender geworden angesichts der nochmals gestiegenen Baukosten, der Kinderbetreuungs- und Schulsituation, der Kapazität von Kläranlage und Kanal und nicht zuletzt der schlechten finanziellen Lage der Gemeinde.
Die von Ihnen für den 29. April 2024 anberaumte Bürgerversammlung wurde viel zu kurzfristig (vier Tage vorher) und so unscheinbar angekündigt, dass die nur wenigen Besucher nicht verwunderlich waren. Echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus.
Mit diesem Brief möchten wir Sie noch einmal aufrufen, die folgenden Fragen in einer der folgenden GV-Sitzungen zu behandeln und Ihre Anworten den Bürgerinnen und Bürgern schriftlich zugänglich zu machen.
- Welchen Wohnraumbedarf hat Messel aktuell?
Bitte beziffern Sie die Anzahl der von Messler:innen gesuchten Grundstücke und Wohnungen und in welcher Preislage diese gesucht werden. Bedenken Sie dabei, dass Messel sich laut Raumentwicklungsplan vorrangig für den eigenen Wohnraumbedarf entwickeln soll. Berücksichtigen Sie auch, dass mit der Bebauung in Wentzenrod II und Markstraße großteil noch nicht einmal begonnen wurde.
- Kann ein weiteres Neubaugebiet den Wohnraumbedarf Messels decken?
Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum stand in Wahlprogrammen und war auch in mancher Sitzung immer wieder zu hören. Doch die letzten Baugebiete haben diesen Wunsch nicht erfüllt. Im Gegenteil: Ein Einfamilien-Reihenhaus in Wentzenrod II kostet rund 650.000 Euro. Wenn es bisher nicht gelungen ist, wie will die Gemeindevertretung sicherstellen, dass nun für junge Messler Familien bezahlbarer Wohnraum entsteht?
- Wie wirkt sich ein weiteres Neubaugebiet auf die Gemeindefinanzen aus?
Trotz mehrerer Neubaugebiete haben sich die Gemeindefinanzen in den vergangenen Jahren nicht verbessert. Es musste nun sogar die Grundsteuer um 50 Prozent angehoben werden, um das Defizit zu verringern. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die sozialen Infrastrukturkosten eines Baugebiets die Einnahmen durch Einkommensteueranteile vollständig neutralisieren (siehe hierzu auch die Erkenntnisse der Stadt Dieburg im Jahr 2022). Wieso weist Messel keine weiteren Gewerbegebiete aus, die finanziell wesentlich einträglicher sind?
Bitte legen Sie anhand einer beispielhaften Besiedelung konkrete Zahlen für das geplante Baugebiet vor. Eine verantwortungsvolle Gemeindevertretung stellt solche Berechnungen bereits im Vorfeld an. Kosten für Kläranlage und Kanal stehen hier ebenso im Raum wie Kinderbetreuung und der dringend notwendige Neubau einer Schule.
- Wie soll der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen gedeckt werden?
Aktuell warten 30 Kinder auf einen Kita-Platz und werden laut Aussage des Bürgermeisters in diesem Jahr keinen Platz erhalten. Eltern von Kindern bis drei Jahre haben einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Erste Klagen stehen bereits an, der Gemeinde drohen Entschädigungszahlungen. Aufgrund von Personalmangel ist die Betreuung im Fossilchen zurzeit nur bis 14 Uhr 30 möglich.
Wer in Wentzenrod II baut oder ein Haus kauft, wird wohl zwei Einkommen für die Finanzierung brauchen. Ohne funktionierende Kinderbetreuung geht dieses Modell jedoch nicht auf. Wie will die Gemeindevertretung das Dilemma lösen? Bitte legen Sie Ihr Konzept vor und beziffern Sie die Kosten.
Sehr geehrte Gemeindevertreterinnen und -vertreter,
Sie wurden gewählt, um die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger Messels gleichermaßen zu vertreten und mit den Gemeindefinanzen sorgsam umzugehen. Die Aufstellung eines weiteren Bebauungsplans steht diesem Auftrag so lange entgegen, bis Sinn und Vorteil für unsere Gemeinde eindeutig mit Zahlen belegt sind.
Bitte befassen Sie sich intensiv mit diesen Fragen und legen Sie uns Bürgerinnen und Bürgern Ihre Berechnungen detailliert und nachvollziehbar vor – gerne auch in einer Bürgerversammlung, die Sie wie üblich mindestens zwei Wochen vorher und gut sichtbar im amtlichen Mitteilungsblatt veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bürgerinitiative Dorfentwicklung Messel Jetzt!