Antwort von Dr. Thorsten Buhrmester

Die Veröffentlichung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge.
Bitte sehen Sie sich auch die (teilweise abweichenden) Aussagen auf den Webseiten der Kandidaten an.
Website dieses Kandidaten: https://thorsten-buhrmester.de/

 

Demografie / Dorfentwicklung

  1. Was macht in Ihren Augen den Charakter Messels aus und wie wollen Sie ihn fördern? Was verstehen Sie unter Dorfentwicklung und welchen Stellenwert nimmt sie bei Ihnen ein?

Thorsten Buhrmester: Der dörfliche Charakter ist ein zentrales Merkmal von Messel und ich werde versuchen, dieses zu erhalten. Zwei wichtige Aspekte im dörflichen Leben sind m.E. der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft in Messel und die Identifikation der Bürger mit Messel.

Der Zusammenhalt wird u.a. durch die Vereine im Ort sowie die Religionsgemeinschaften gestützt. Aus diesem Grund liegt mir am Erhalt funktionierender Vereine und einem Erhalt der kirchlichen Strukturen, sofern diese sich selbst tragen und entwickeln wollen.

Darüber hinaus sind gemeinsame Aktivitäten, wie z.B. die jährlichen Feste (Weihnachtsmarkt, Dorffest am Heimkehrerplatz, Handwerkermarkt, Oldtimer Treffen, um einige zu nennen ohne, dass diese Aufzählung den Anspruch auf Vollständigkeit hat) eine Komponente, um in der Gemeinde Austausch und Kontakte zu fördern und Menschen miteinander zu verbinden und in Messel zu verwurzeln, auch wenn diese noch nicht seit Generationen in Messel beheimatet, sondern ggf. sogar frisch zugezogen sind. 

 

  1. Würden Sie der folgenden Aussage zustimmen? Durch die Altersstruktur in Messel wird in den nächsten Jahren / im nächsten Jahrzehnt viel Wohnraum für den Zuzug  jüngerer Familien frei werden.

Buhrmester: Ja, dieser Aussage stimme ich insofern zu, als dass es meine Wahrnehmung der Entwicklung darstellt. Ich bin auch im Kontakt mit dem Kreis, um zur demographischen Entwicklung die Daten der Kreisverwaltung einzusehen, doch das wird wegen der Feiertage sicher noch etwas dauern.

 

  1. Halten Sie die Erschließung weiterer Baugebiete in Messel für erforderlich? Wenn ja, in welchem Umfang und warum? Soll das Baugebiet „Roßdörfer Straße“ vor der Erstellung einer Bestandsaufnahme im Rahmen eines Dorfentwicklungsplanes umgesetzt werden?

Buhrmester: Hier möchte ich zunächst zwischen gewerblichen Gebieten und Wohngebieten unterscheiden. In Bezug auf Wohngebiete brauchen wir meiner Ansicht nach in naher Zukunft keine neuen Baugebiete, sondern sollten Wentzenrod II zu Ende entwickeln und die vorhandenen Lücken in Messel weiter schließen. Zusammen mit den Leerständen in Messel erhoffe ich mir mit Unterstützung der Eigentümer einen positiven Effekt hinsichtlich wachsenden verfügbaren Wohnraums in Messel. Gleichzeitig plane ich eine Bestandsaufnahme der Gesamtsituation, um anschließend mit fundierten Basisdaten die weitere Entwicklung in der Gemeindevertretung zu diskutieren.

Ob das mögliche Baugebiet „Roßdörfer Straße“ entwickelt werden soll oder nicht, hängt sicher auch von den Beschlüssen der Gemeindevertretung bis zum Zeitpunkt eines Amtsantrittes ab. Zunächst ist meines Wissens eine eingehende Analyse der Gemeinde im Auftrag und wird im Bau- und Planungsausschuss beraten.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal darauf verweisen, dass ein Bürgermeister als Leiter einer kommunalen Verwaltung nach meinem Verständnis neben den Verwaltungsaufgaben, zur Umsetzung von Beschlüssen der GVO zuständig ist. Für mittel- und langfristige Planungen sollte die Verwaltung Konzepte zur Beratung in der Verwaltung und der Gemeindevertretung erarbeiten. Eine eigenmächtige Umsetzung von weitreichenden Projekten sehe ich nicht in der Aufgabe eines BGM oder der Verwaltung, vielmehr ist für mich ein demokratischer Diskus unerlässlich, an deren Ende eine legitimierte Entscheidung steht.

 

Gemeindefinanzen

  1. Es gibt Studien und Beispiele dafür, dass Neubaugebiete nicht zur Verbesserung der Gemeindefinanzen beitragen. Wie sollen die langfristigen Infrastruktur-Kosten, die auf die Gemeinde im Falle einer Erweiterung der Siedlungsflächen zukommen würden, finanziert werden (Schule, Kitas, Kläranlage, Kanalsanierung usw.)?

Buhrmester: Auch hier möchte ich unterscheiden zwischen Infrastrukturkosten für den Erhalt- oder der Erweiterungen bestehender Anlagen. Bleiben wir beim Beispiel Kanalsanierung und Kläranlage.

Im Haushaltsentwurf 2022 ist bereits eine grundhafte Straßensanierung (und damit auch der dortigen Kanalsanierung) zu finden, bei der man aus meinem Verständnis heraus eine Änderung der Dimensionierung für vermutlich geringe Mehrkosten erreichen könnte. Das würde zum einen vor Überflutungen bei in Zukunft leider vorhergesagt häufigeren Starkregenereignissen schützen und zum anderen auch eine mögliche Erweiterung für Siedlungsfläche schaffen. Um diesen Punkt zu adressieren sind m.E. zunächst hydrogeologische Betrachtungen zur Entwicklung von Oberflächenabwässern durch Starkregen einzuholen und Beratungen zugrunde zu legen. Für mich ist dieser Punkt vordringlich in der Zukunftsplanung von Messel, vordringlicher als die Vorbereitung von neuen Siedlungsflächen.

Eine ähnliche Argumentation ließe sich bei notwendigen Sanierungsarbeiten an der Kläranlage anstellen. Wenn Wartung und Erhalt anstehen, sollte auf Erweiterung geschaut werden, allein um die bereits o.g., zu erwartenden Starkregenereignisse aufnehmen zu können.

Die Schulsituation ist für mich äußert unbefriedigend. Mir ist nicht klar, warum der Kreis eine Gemeinde so lange an der Nase herumführen und immer wieder mit neuen „Container-Erweiterungen“ hat abspeisen können. Ich denke, es muss dringend über einen neuen Schulbau gesprochen werden, auch wenn der amtierende Schuldezernent des Kreises gerade im Schulerweiterungsplan bis 2025 einem Neubau in Messel eine Absage erteilt hat. Das dürfen wir so nicht hinnehmen, gerade bei der Betrachtung, dass unsere derzeit zweizügige Grundschule immer wieder an der Grenze zur Dreizügigkeit gestanden hat und mit den Kinderzahlen, die ich vorhersehe, schon im nächsten Jahr wieder kommen wird.

Bei der Kita-Situation sollte m.E. kurzfristig auf Personalsollstärke aufgestockt werden, um die vorhandenen und genehmigten Plätze nutzen zu können. Darüber hinaus muss über eine Erweiterung nachgedacht werden. Auch dazu habe ich bereits Ansätze, die hier aber zu weit führen würden.

 

  1. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Gewerbesteuereinnahmen zu erhöhen, und was wollen Sie dafür tun?

Buhrmester: Aus meiner Wahrnehmung sind die Klein-und Kunsthandwerke, Start-ups und Handwerksbetriebe in Messel nicht ausreichend sichtbar und es gibt kein adäquates Vermittlungs- und Austauschportal. Ebenso wenig gibt es Präsentationsflächen, um interessierte Bürgerinnen und Bürger auf die Angebote aufmerksam zu machen. Eine Verbesserung dieser Situation, vielleicht in Zusammenarbeit mit dem Gewerbeverein in Messel wären direkt zu verbessernde Punkte.

Implizit sollte es im Sinne aller Messeler sein, für anstehende handwerkliche Arbeiten zunächst Angebote von lokalen Betrieben einzuholen und diese bevorzugt zu beauftragen und damit zu unterstützen. Denn, wenn die Handwerksbetriebe in Messel abwandern, wird die Situation mittel- und langfristig noch teurer, gerade wenn ich für kleine Reparaturen an die Fahrtkosten für weitere Anfahrten denke, die durch die zusätzlich benötigte Zeit der Betriebe und der weiter zu erwartenden Teuerung bei Rohstoffen und damit auch beim Kraftstoff unweigerlich zu höheren Preisen führen wird.

Wenn die Betriebe Messel den Rücken gekehrt haben sollten, wird es noch viel schwieriger werden Neue wieder in Messel anzusiedeln. Die Leidtragenden sind die Bürgerinnen und Bürger von Messel. Ein Spruch mit, wie ich finde hohem Wahrheitsgehalt dazu lautet: Denke global doch handle lokal. Ich glaube, damit können wir in Messel auch wieder mit steigenden Gewerbesteuereinnahmen rechnen und somit vielleicht etwas Luft bei der Grundsteuer B erwirtschaften.

 

Bürgerrechte

  1. Was verstehen Sie unter transparentem Handeln der Verwaltung? Wie stehen Sie zur Offenlage von Sitzungsprotokollen der Gemeindegremien mit den dazugehörigen Unterlagen sowie von Gutachten zum Zustand der Infrastruktur, z.B. Kanal und Kläranlage (Stichworte Informationsfreiheitsgesetz, Open Data)?

Buhrmester: Oben habe ich bereits erläutert, wie ich die Arbeit einer kommunalen Verwaltung sehe. Bis auf die regelmäßigen Verwaltungsaufgaben sind für mich demokratisch legitimierte Entscheidungen im Gemeinderat die Grundlage des Handelns der Verwaltung über o.g. regelmäßige Aufgaben hinaus. Im Prinzip sollte m.E. Transparenz im Rahmen des rechtlich möglichen erfolgen. Dazu gehört auch die Offenlegung von Beschlüssen der Gemeindegremien. Im Übrigen gibt es für dieses Handeln nach meinem Verständnis einen gesetzlichen Rahmen durch die HGO.

Einschränkend möchte ich aber auch sagen, dass das Informationsfreiheitsgesetzt dort an seine Grenzen stößt, wo persönliche Belange betroffen sind und wo die Arbeitsleistung der Verwaltung begrenzt ist.

 

Soziales

  1. Welche Ideen haben Sie zur (Wieder-)Belebung des Ortskerns und des Bereichs um den Rathausplatz?

Buhrmester: Das ist ein wichtiges und wegweisendes Thema, dass ich gerne z.B. in den Gemeindegremien oder auch in einer Bürgerversammlung diskutiert sehen würde. Ich glaube es ist notwendig die kreativen Ideen der Messelerinnen und Messeler einzubeziehen, um hier eine dringend nötige Verbesserung zu erreichen. Kurz gesagt, wir müssen die Möglichkeit zur Ansiedlung von Gewerbe schaffen. Dazu gehört auch die Ansiedlung von Sitzmöglichkeiten am Rathaus und z.B. einem Kaffee.

 

  1. Welche Möglichkeiten sehen Sie, neu hinzugezogene Bürger in die Gemeinde zu integrieren?

Buhrmester: Für mich ist die Verwaltung neben Ihren kommunalen Aufgaben auch als Informationsdrehscheibe zu sehen, bei denen Messeler Bürgerinnen und Bürger Informationen austauschen können und somit, für Zuziehende z.B. auch Patenschaften entstehen könne. Mir schwebt dabei als ein Beispiel vor, dass beide Parteien von einer solchen Partnerschaft bereichert werden. Wenn z.B. eine zuziehende Familie Mobililtät bereitstellt, um z.B. Einkäufe mitzuerledigen, könnten die ansässige Partei als Informationspate und für die Zusammenführung mit Vereinen die von Interesse sind oder Gruppen sowie anderen Familien am Ort fungieren.

 

Verkehr

  1. Welche Maßnahmen der Verkehrsberuhigung halten Sie für erforderlich und möchten Sie angehen? Wie möchten Sie z.B. die Sudetenstraße im Zuge der geplanten Sanierung verkehrsberuhigen und wie den Kleepfad vom Durchgangsverkehr entlasten?

Buhrmester: Der Kleepfad in seiner jetzigen Form ist für mich als eine im Verhältnis für Messel kleine Straße mit Busverkehr in beide Richtungen eine Zumutung und ein Gefahrenpunkt. Dieser könnte z.B. im Rahmen der Erschließung des Neubaugebietes Wentzenrod II entschärft werden. Ja, dafür sind ungeplante Zusatzkosten aufzuwenden, dennoch halte ich an diesem Punkt eine Investition der Gemeinde für eine sinnvolle. Eine Verkehrsberuhigung der Sudetenstrasse sollte m.E. flankiert werden von einer Analyse der Situation an der Berliner Strasse um, z.B. die Kindergartenkinder nicht durch zusätzlichen Ausweichverkehr zu gefährden. Inhaltlich ist hier ein Diskurs mit dem VRM nötig, um die Verkehrsberuhigung nicht gegen die Bedürfnisse des Busverkehrs zu planen. Ich bitte daher an dieser Stelle um etwas Geduld für präzisere Aussagen meinerseits, bis auch ich als Bürgermeister Messels überhaupt einen Einblick in die Planunterlagen erhalten kann, als Bürger ist dies nur bei den Offenlegungen möglich.

Mir fällt an dieser Stelle auf, dass Ihre Fragen hinsichtlich des Verkehres sich ausschließlich auf Messel, nicht aber auf den OT Grube Messel beziehen. Ich denke, dort gibt es auch einige Ansatzpunkte und möglicherweise kann die IG über die Vertretung der Interessen beider Ortsteile nachdenken. [Anmerkung der Red.: Hier geht es einzig um einen Verkehrs- und Gefahrenschwerpunkt in unserer Gemeinde. Zudem sind wir eine Bürgerinitiative, nicht die Gemeindevertretung.]